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Kalt duschen für Anfänger – Dieser Artikel ist nichts für Warmduscher
Heutzutage sind wir alle Warmduscher: Kaum jemand in unseren Breiten dreht beim Duschen auf kalt. Wer es dennoch tut und darüber spricht, wird mit merkwürdigen Blicken bedacht. Dabei ist es für Körper und Geist sehr gesund sich der Kälte auszusetzen. Warum das so ist, zeige ich dir hier.
Kaltduschen ist eine Parabel auf Erfolg im Leben. Du brauchst Willenskraft um den Duschregler auf kalt zu stellen. Der erste Schock, wenn die kalten Tropfen auf deinen Rücken prasseln, ist schrecklich. Erst nach einigen Sekunden beruhigt sich der Körper wieder und nach einiger Zeit schafft er es sogar, sich unter dem eisigen Wasser zu entspannen.
Wenn du aus der Dusche steigst, fühlst du dich besser als davor. Aber dazu musstest du erst aus deiner Komfortzone hinausgehen.
Kalt zu duschen ist eine ideale Übung, um deine Willenskraft zu stärken. Wie du vielleicht weißt, ist deine Willenskraft wie ein Muskel. Sie kann nicht ewig beansprucht werden, und braucht Zeit zum Regenerieren. Daher brechen wir unsere Vorsätze und essen ungesund oder trinken zu viel Alkohol, wenn wir einen anstrengenden, stressigen Tag hatten, der unsere Willenskraft aufgebraucht hatte.
Die Willenskraft kann aber trainiert werden. Wenn du regelmäßig Dinge tust, die Willenskraft benötigen, wird der Willenskraftmuskel langsam größer. Schon bald wirst du im Alltag merken, dass es dir leichter fällt, aus der Komfortzone zu gehen und deine Vorsätze einzuhalten.
Oft wird gesagt, dass Menschen die kalt Duschen ihre Depressionen oder Ängste loswerden konnten. Woran kann das liegen?
Einerseits vermindert Kälte das Stresshormon Cortisol. Anderseits wird unter der kalten Dusche ein Kampf-oder-Flucht-Reaktion eintreten, die von deiner Amygdala gesteuert wird. Die Amygdala ist einer der evolutionsgeschichtlich ältesten Bereiche deines Hirns und für Instinkthandlungen verantwortlich. Setzt du deinem Körper kaltem Wasser aus, willst du die Dusche instinktiv abdrehen (Flucht).
Du lernst jedoch diesem Verlangen zu widerstehen und den Körper zu beruhigen. Dadurch kannst du, auch in anderen Stress- oder Angstsituationen ruhiger bleiben. Das wird dir vor allem helfen, wenn du an Ängsten oder Depressionen leidest.
Neben den psychischen Vorteilen gibt es außerdem einige physische Vorteile:
- Die Durchblutung wird gefördert
- Das Immunsystem wird gestärkt
- Krampfadern vorgebeugt
- Die Fettverbrennung gefördert
- Und die Regneration gefördert
Kalte Duschen fördern die Durchblutung
Durchblutungsstörungen sind ein häufiges Leiden in unserer Welt. Falsche Ernährung, Alkohol, Nikotin und wenig Bewegung sind die häufigsten Gründe dafür. Langfristig können Durchblutungsstörungen Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen.
Deshalb ist es wichtig deine Durchblutung zu fördern. Schritt 1 und 2 sind klar:
Bewege dich mehr und achte auf deine Ernährung. Zusätzlich kannst du außerdem kalte Duschen durchführen. Noch besser sind Wechselduschen, bei denen du mehrmals zwischen warmen und kalten Wasser wechselst.
Wie stärken kalte Duschen dein Immunsystem?
Unsere Körper sind verwöhnt: Unsere Wohnungen sind immer angenehm temperiert und wenn wir das Haus verlassen, achten wir darauf, dass unsere Kleidung Kälte und Nässe abschirmen.
Stressige Umwelteinflüsse werden aus unserem Leben so weit es geht rausgehalten. Das hindert viele Menschen in unseren Breiten nicht daran regelmäßig krank im Bett zu liegen: Erkältungen und Grippe-Viren sind in jedem Winter eine Plage.
Aber nicht die Widrigkeiten der Umwelt, sondern der übertriebene Komfort ist das Problem.
Es ist schon lange bekannt, dass du das Immunsystem stärken kannst, indem du dich den Elementen der Natur aussetzt. Warum das so ist, weiß man noch nicht. Vermutlich liegt es einfach daran, dass der Körper lernt, besser auf Umweltstress zu reagieren.
Eine kalte Dusche am Morgen ist der einfachste Weg, um den Körper zu fordern. Natürlich bedeutet das nicht, dass du nie wieder krank werden wirst, aber zumindest kannst du die Häufigkeit der Krankheiten reduzieren.
Beugt kaltes Duschen Krampfadern vor?
Kneippen gilt schon lange als wirksame Methode um Krampfadern vorzubeugen. Wenn du diesem Venenleiden vorbeugen willst, solltest du daher Wechselduschen machen: Das fördert einerseits die Durchblutung der Venen, führt aber durch den Wechsel zwischen warm und kalt auch dazu, dass sich die Venen zusammenziehen und wieder straffen. Dadurch wird der Venen-Erweiterung entgegengewirkt und die Bildung von Krampfadern verhindert.
Kalt Duschen um schlank zu werden?
Zu diesem Thema, habe ich auch ein Video erstellt (auf Youtube ansehen):
Viele Berichte sprechen davon, dass kalte Duschen dich schlank machen können. Wie realistisch sind diese Behauptungen?
Wenn du Kälte ausgesetzt wirst, aktiviert dein Körper das sogenannte braune Fett. Dieses verwendet der Körper dazu, um Hitze zu erzeugen, wodurch Kalorien verbraucht werden.
Kalte Duschen aktivieren das braune Fett. So weit so gut. Die Frage ist nur, wie viele Kalorien dadurch zusätzlich verbrannt werden.
Leider gibt es dazu noch keine Studien zum Kalorienverbrauch von kalten Duschen. Es existieren jedoch Studien, die den Effekt von Kälte auf die Kalorienverbrennung unter die Lupe genommen haben. Diese belegen, dass der Körper zwar durch Kälte mehr Fett verbrennt, die Effekte aber relativ gering sind.
In einer Studie aus dem Jahr 2008 musste eine Gruppe von Männern einen Tag in einer kühlen Kammer (16°) verbingen. Durchschnittlich stieg der Energieverbrauch der Teilnehmer um 2,8% oder genauer gesagt um 76 Kalorien.
Jeder kann sich wohl ausrechnen, wie klein der Effekt sein wird, wenn du eine Minute in einer 10° kalten Dusche stehst. Der Fettverbrennungseffekt ist zwar da, aber sehr gering. Wenn du effektiv Fett verbrennen willst, kommst du nicht darum darum herum, mehr Sport zu machen und auf deine Ernährung zu achten.
Link zur Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19357405
Kälte für die Regeneration
Duscht du nach dem Sport mit kaltem Wasser, zum Beispiel nach einem intensiven Lauftraining, kannst du außerdem Muskelkater und Verletzungen vorbeugen. Die deutschen Fußballer zelebrierten das beim WM-Titel 2014 als sie direkt nach den WM-Spielen ihre Körper in Eisbäder tauchten. Dadurch wurden Muskelkater und Verletzungen vermieden, mit dem Ergebnis, dass die Mannschaft einen Fitnessvorteil gegenüber anderen Teams hatte.
Wie wirkt die Kälte auf die Regeneration?
Im Sport benutzen wir schon seit langem Eispads oder -Sprays um Verletzungen zu mildern. Das funktioniert auch für die Regeneration:
Die Theorie sagt folgendes: Durch die sportliche Belastung kommt es zu Mikrotraumen (kleinen Einrissen) im Muskel. Diese Entzünden sich und führen einige Stunden nach der Belastung zu den bekannten Schmerzen. Extreme Kälte nach dem Sport vermindert die Entzündungen und führt zu einer besseren Durchblutung.
Wenn du Läufer bist, kann es oft ausreichen nur die Beine mit kaltem Wasser abzuspülen oder mit den Beinen in einem Eisbad zu sitzen.
Wie bereitest du dich auf deine erste kalte Dusche vor?
Die erste kalte Dusche ist immer ein Schock. Am Anfang solltest du es deshalb nicht übertreiben: Spritze deine Hände, Füße und Beine mit kaltem Wasser ab und wandere langsam zu den anderen Körperregionen. Es ist empfehlenswert mindestens 30 Sekunden unter dem kalten Wasser zu verbringen, da sich der Körper erst nach dieser Zeit an den Kälteschock gewöhnt.
Steigere die Zeit unter der kalten Dusche langsam: 30 Sekunden, 1 Minute, 2 Minuten, 5 Minuten, 10 Minuten…
Wenn du mehrere Minuten unter einer kalten Dusche gestanden bist, solltest du danach Bewegung machen. Laufe um den Block, mache Liegestützen oder Klimmzüge und trinken einen warmen Tee. Das vermindert den Afterdrop.
Die ersten kalten Duschen sind zwar sehr gut, der Körper wird sich aber immer schneller auf die Kälte einstellen, je öfters du dich kalt duscht. Die Überwindung am Anfang bleibt jedoch meistens bestehen.
Was ist ein Afterdrop?
Bei einer Kälteexposition versucht der Körper die inneren Organe warm zu halten, während die Temperatur der äußeren Bereiche absinkt. Nach Beendigung des Kältezustands strömt die Wärme in die äußeren Gliedmaßen zurück. Dadurch sinkt die Temperatur im inneren kurzfristig ab und der Körper fängt zu Zittern an, um die Temperatur wieder zu stabilisieren.
Ein Afterdrop nach dem Duschen ist ein Zeichen dafür, dass du es übertrieben hast. Trinke heiße Getränke und bleibe in Bewegung, um die Körpertemperatur wieder in den Normalbereich zu bringen.
Was bringt die Wim Hof Methode?
Wer kalte Duschen ausführt, wird früher oder später von Wim Hof und seiner Methode hören.
Der verrückte Niederländer wird als Eismann bezeichnet und hält eine Reihe von Rekorden, die meistens mit Kälte zu tun haben. So wanderte er in Shorts auf den Kilimandscharo, tauchte die längste Strecke ohne Atemhilfe unter einer Eisdecke hindurch und verbrachte zwei Stunden in einem Eisbad.
Um sich auf die Kälte vorzubereiten, wendet er die sogenannte Wim Hof Methode an. Eine Atemübung, die viele Anleihen aus dem Pranamaja Yoga nimmt.
Durch diese Atemmethode wird “The inner fire” die innere Hitze entfacht. Diese Übung ist sehr einfach:
- Setze dich in einen Meditationssitz (wichtig ist, dass du bequem sitzt)
- Mache nun 30 starke Atemzüge, das Ausatmen sollte sich so anfühlen als ob du einen Ballon aufblasen würdest. Nach diesen 30 Atemzügen atme noch einmal so lange ein wie du kannst und atme dann die Luft wieder aus. Halte nun deinen Atem an solange es für dich nicht zu unangenehm wird.
- Atme nun wieder Luft ein und halte die Luft (mit gefüllten Lungen) für circa 10 Sekunden an.
- Diesen Vorgang wiederholst du mehrmals. Am Anfang solltest du jedoch nicht übertreiben. Es kann sein, dass du ein Kribbeln in den Gliedmaßen oder ein Schwindelgefühl spürst. In diesen Fällen solltest du besser eine Pause einlegen.
Wie diese Atemübung funktioniert, kannst du auch in diesem Video sehen:
Wim Hofs Übung ist theoretisch nicht notwendig, wenn du nur kalt Duschen willst. Sie hat jedoch sehr positive Auswirkungen auf dein Wohlbefinden und auf deine Willenskraft, weshalb sie inzwischen ein fixer Bestandteil meiner Morgenroutine ist.
Muss ich ganz auf warme Duschen und Komfort verzichten?
Natürlich nicht. Es geht nicht darum ein spartanisches Leben zu führen, sondern nur darum den Körper hin und wieder zu fordern. Ich persönlich dusche mich jeden Morgen mit warmen Wasser. Die letzten 30 bis 90 Sekunden drehe ich den Waserregler dann auf Kalt, außerdem führe ich regelmäßig Eisbäder nach intensiven Laufeinheiten durch.
Nächste Schritt: Eisbäder
Wer ganz hart ist, wird sich irgendwann in die freie Natur wagen. Das Freibaden ist außerdem ein wichtiger Teil des Wim Hof Onlinekurses.
Eisbäder haben die selben positiven Effekte wie das kalte Duschen, nur dass sie noch einen Tick extremer sind. Ich empfehle im Frühherbst damit anzufangen, wenn das Wasser noch wohlige 10-15° hat. Wenn du die Bäder regelmäßig durchführst, werden sie selbst im tiefsten Winter keine großen Herausforderungen für dich darstellen.
Idealerweise findest du dafür verrückte Gleichgesinnte. Suche am besten auf Facebook nach Gruppen mit dem Namen Eisschwimmen / Ice Swimming + (deine Stadt).